Oh herrlich schönes Tajaland !
    
Noch breiten sich vor meinem Blick
Der Ährenwogen reife Pracht,
Die grünen Hügel duftumweht, -
Die sanften Hänge, wo der Wein
Im Sonnenglanze prächtig reift
Und Kirsche wie der Nussbaum auch
Der Gaben Überfülle wart
    
Noch sieht mein Auge, tiefgefurcht
Ins altersgraue Urgestein -
Das seltsam stille Tajathal,
Bald wild zerrissen, steil und hoch -
Bald sanft und breit, im Schilf verträumt...
    
Es raget manches stolze Schloss
Auf steilem Fels zum Firmament
Und viel Ruinen spiegeln sich
In heller, klarer Wasserflut;
Die Wälder aber, herrlich gross -
Sie rauschen gar geheimnisvoll
Von manchem alten Heldengrab
Ins Dunkel zu den Ufern hin
    
Gebannet - schlichter Weggesell
Bist du in diesem eigen Wehn!
Ein Raunen ziehet rings umher
Vom Fluss und Walde - Berg und Tal;
Mit asenhaftem Geistersang
Hörst du das alte Erdenlied
Vom Kommen - Werden - und Vergehen .
    
Die Lehre solcher Meisterschaft
Durchbebt der Seele Heiligtum,
Und allen Sinnen offenbart
Sich eine seltsam Wundermär.
    
Aus Nebeln der Vergangenheit
Webt stumm ein bleicher Reigen sich
Bis in die helle Gegenwart.
    
Da kommen sie, aus finstrer Nacht -
Der Zwerge Urvolk, - bös und scheu;
Die Schätze in der Erde Schoss
An Steinen, Erz und köstlich Gut
Ward ihrem Walten anvertraut,
Als Feinde hellen Sonnenlichts
Gebannt, verstossen und gefehmt
Erlitten sie wol grosse Not.
    
Und and‘re Schemen reihen sich;
Gestalten, reckenhafter Art -
Gehüllt in Tierfell, Speer und Schild
In starker kampfesfroher Hand,
Und ihre Haare manneskraft
Von keinem Sklavenschnitt berührt;
Das Methorn reicht die edle Frau
Mit züchtiglich gesenktem Blick
Dem wandermüden Ehrengast.
Die Knaben, trotzig proben sie
Die junge Kraft an Speer und Axt.
    
Und immer wandelt sich das Bild,
Wird reicher, wol verderbter auch.
Da kommen sie, des Volkes Zier -
In blanker Rüstung, hoch zu Ross,
Mit Kreuz und Wappen wohlgeschmückt
Und Adlerblick im Stahlvisier.
    
Dazwischen webt die Phantasie
Der Hagedisen, Elben Schaar,
Und Neck und Greif und Schwanewit -
Sie gleiten schattenhaft dahin
Gleich holdem Sang der Kinderzeit...
    
Schier endlos lange ist der Zug
Bis in die lichte Gegenwart!
    
Durchs Ganze aber - heilig schön -
Lebt - Minnengunst in Baldurslust -
Die heisse Liebe - und - die Schuld. -
    
Wo Liebe, ist die Schwester auch,
Das tiefe, tiefe Sorgenleid;
Was wäre heisse Liebe doch
Stünd Schwester Sorge nicht dabei?
So ist das Sinnen menschenhaft
In stetem reichen Wechselspiel
Und selbstvergessen dieser Welt.
    
Da nahet sich auf leichtem Fuss
Ein wunderlieblich Zauberspiel;
Es schwebt heran - im tiefen Blick
Ein Leuchten gleich dem Sonnenstrahl
Und Wonne lacht der Rosenmund
    
Ich zage erst - ein Schauern ist’s -
Da lasst sie mich, die Wunderkraft; -
Die Leyer her! - So klinge denn
Dir Tajaland mein stolzes Lied,
Dir, altberühmt Tajastadt!
    
So töne denn mein freier Sang
Mit holder Sage Zauberweis;
Ein Sträusslein mehr in jenem Kranz
Den Märchenzauber um dich flieht
In Wandellust und Wandelleid. -
Mir aber, deinem schlichten Gast
Bewahre gütig deine Gunst,
Wie er entschwundner Jugendlust
Mit dir gar inniglich verwebt!